Das Haus Schaffgotsch. Das wechselvolle Schicksal einer schlesischen Adelsdynastie

Autor: Arkadiusz Kuzio-Podrucki

Tarnowskie Góry 2009

Aus dem Polnischen von Wolfgang Jöhling

Vor 300 Jahren, an Weihnachten 1707 verstarb zu Breslau Herzogin Karoline, die letzte aus der großen Piastendynastie. Seither sollte die siebenhundertjährige Dynastie der ersten Könige von Polen und ersten Landesfürsten von Schlesien der Vergangenheit anheim fallen und scheinbar nur noch in den Geschichtsbüchern auftauchen.

Sechzehn Wochen später, am 15. April 1708 erhielt der frisch gebackene Reichsgraf Johann Anton Schaffgotsch als Enkel der Piastenherzogin Barbara Agnes von Kaiser die Zustimmung, beide Hauswappen seiner Vorfahren, also jenes der Piasten und das der Schaffgotschs miteinander zu verschmelzen. Damit wurden seine Nachfahren nicht nur Mitträger des Wappens der Fürsten von Liegnitz und Brieg, sondern auch zu Sachwaltern der Geschichte und Größe dieser ersten polnischen Dynastie. Man darf durchaus annehmen, dass sie sich der damit auf ihnen lastenden Verantwortung bewusst gewesen sind, bezeugten sie doch sowohl vor, als auch nach 1708 durch alles, was sie taten, ihre Verbundenheit mit Schlesien.

Seit dem Mittelalter gab - und gibt es bis heute - unter ihnen große, bedeutsame Persönlichkeiten; seien es Geistliche wie der Fürstbischof von Breslau, Philipp Gotthard (gest. 1795), der erste Bischof von Budweis, Johann Prokop (gest. 1813), und der Bischof von Brünn, Johann Anton (gest. 1870), seien es Diplomaten wie Christoph Leopold (gest. 1703), Politiker wie Johann Anton (gest. 1742), große Industrielle wie Hans Karl (gest. 1917), sozial engagierte Wohltäter wie Schwester Mechthildis Maria (gest. 1919), Schriftsteller wie Franz Xaver (gest. 1979), Wissenschaftler wie Dr. Franz Gotthard (gest. 1864) oder schließlich Militärs wie der berühmteste seines Geschlechts, der General Hans Ulrich (1635 hingerichtet) und nicht zuletzt Johann Franz, der k.u.k. Feldmarschall (gest. 1866).

Die Lebenswege und Schicksale derer von Schaffgotsch lassen sich nicht trennen von Schlesien und jedem seiner Nachbarländer, von Polen, Böhmen oder Preußen, bzw. Deutschland. Die jeweiligen Herrscher dekorierten sie mit den höchsten jeweils zu vergebenden Orden, ob nun dem habsburgischen Goldenen Vlies, dem preußischen Schwarzen Adlerorden oder dem Kreuz der französischen Ehrenlegion. Sie gehörten zu solch prestigeträchtigen Ritterorden wie den Maltesern (Johannitern) oder den Rittern zum Heiligen Grabe.

Nicht zu unterschätzen sind ihre Verdienste um Wirtschaft und Industrie. Ihr oberschlesisches Vermögen galt als eines der größten in ganz Schlesien, ja in unserem gesamten Teil Europas. Nicht minder imposant war ihre kulturfördernde Rolle. Die über die Jahrhunderte gewachsene Warmbrunner Bibliothek enthielt Zigtausende Bücher, Werke menschlichen Geistes, darunter viele einzigartige und herausragende Meisterwerke. Diesen unbeschreiblichen Bücherschatz nutzen heute noch immer Menschen aus ganz Polen, tauchen doch einzelne Titel immer wieder unvermittelt in so manch einer polnischen Bücherei auf. Diese Tatsache darf keinesfalls unterbewertet werden, insbesondere angesichts des Kahlschlags, den der Zweite Weltkrieg in polnischen Buchbeständen angerichtet hat.

Die Einstellung der Polen zur Schaffgotsch`schen Hinterlassenschaft in Schlesien hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Erst kürzlich erhielt eine Schule im oberschlesischen Ruda den Namen von Johanna Grycik, Gräfin von Schaffgotsch. In der letzten Oktoberwoche 2007 hat in Warmbrunn ein internationales Symposium zum Hause Schaffgotsch getagt. Nachwuchshistoriker aus Polen, Tschechien und Deutschland schreiben inzwischen darüber ihre Dissertationen.

Und so wie wir Polen ja die klangvollen Namen unseres eigenen Hochadels bestens kennen, seien es die Czartoryskis, Radziwiłłs oder Zamoyskis, wäre es gewiss an der Zeit, dass auch der Name Schaffgotsch wieder ins Bewusstsein der heutigen Schlesiern gerückt wird, damit er erneut jenen Platz einnimmt, der ihm nun wahrlich gebührt.

VORWORT

I. DIE ANFÄNGE
Im Dunstkreis herzoglicher Macht
Gotsche II. - der Begründer des Geschlechts
Bei Hofe
Das neue Hauswappen
Auf Burg Greiffenstein
Der erste Kanzler
Die Söhne von Hans I.

II. CASPAR UND SEINE NACHKOMMEN
Im Spannungsfeld zwischen Schlesien und dem König von Böhmen
Die Herren auf Schwarzbach
Die Herren auf Burg Kemnitz
Der Freiherr
Der Freiherr von Trachenberg
Die Herren von Langenau
Der Erbe von Kynast und Greiffenstein
Die Herren von Plagwitz und Pombsen
Das geballte Erbe
Hans Ulrichs Stiftungen
Die Piastenprinzessin
Für und gegen das Haus Habsburg
Glanz und Gloria zu Prag
An Wallensteins Seite
Der verurteilte General

III. DIE HERREN VON WARMBRUNN
Unter der Wasa-Dynastie
Der Domherr und Ahnenforscher
Das zurückgewonnene Erbe
Schlesische Würden
Der kaiserliche Gesandte
Begegnungen mit den Sobieskis
Zu Ehren Gottes
Sprudelnder Warmbrunn
Das Goldene Vlies
Johann Antons Reisen
Der Erbe der Piasten
Sorgen und Tragödien
Schlesische Ämter
Ehrungen
Für die Kultur und zum Wohle der Untertanen
Johann Antons Familie
Im Spannungsfeld zwischen Preußen und Österreich
Bischof Schaffgotsch
Der Fürstbischof von Breslau
Die Münzen der Schaffgotschs
Der Bischof in der Verbannung
Die Nieder-Pomsdorfer Herrschaften
Karl Gotthards Neuerwerbungen
Karl Gotthards Familie
Großer Hausputz in Warmbrunn
Johann Nepomuk als Bauherr
Johann Nepomuks Glanzzeit und Nachkommen
Prominenz auf Durchreise
John Quincy Adams Silesian`s Rocky Mountains
Besuche der Czartoryskis
Kriegs- und Umbruchzeiten
Der Freie Standesherr ist gleichgestellt dem Fürsten
"...von den Polen als Deutsche, den Deutschen indes als Polen bezeichnet..."
Bücher über Bücher...
...Prunkwaffen und Gemälde
Der Wissenschaftler
Leopold Christians Investitionen
Industrieller Aufschwung und Märzrevolution
Royale Besuche
Leopold Christian und Karl
Im Kaiserreich
Der Zusammenbruch des Kaiserreichs
Die Highlights der Bibliothek
Das unvollendete Werk
In der NS-Zeit

IV.DIE OBERSCHLESISCHEN MAGNATEN
Der Zinkkönig
Herr auf Schomberg, Orzegow, Bobrek...
Der Wohltäter
Godullas Schloss und Ehrungen
Wer soll das alles einmal erben?
Das Beuthener Aschenputtel
Graf und Gräfin
Die Rittergutsbesitzer
Die Industriellen
Für die Arbeiter und ihre Familien
Die Schomberger Kapelle und Kirche
Gotteshäuser und Schulen
Aschenputtels Märchenschlösser
Die letzten Jahre des Kaiserreichs
Die Milchküche
Aschenputtels Testament
Johannas Erben
In der Weimarer Republik
Der letzte Atemzug

V. DIE ÖSTERREICHISCHE LINIE
Eine österreichische Karriere
Schwester Mechthildis Maria
Auf Schloss Niederleis
Andreas Gotthards Nachkommen
Gefallen für... Wofür?

VI. DIE HERREN AUF WILDSCHÜTZ
Umzug ins Habsburger Schlesien
Das Kreuz der Ehrenlegion und andere Orden
Anton Gotthards Familie
Joseph von Wildschütz
Franz Graf Schaffgotsch
Wildschützer Götterdämmerung
Generäle und Obristen
Der Letzte seines Stammes

VII. DER STAMM ANTON UND DESSEN NACHKOMMEN
Rund um Schildau und Seifersdorf
Auf Schloss Kreppelhof
Von Neu-Kemnitz nach Böhmen

VIII. DIE BÖHMISCHEN SCHAFFGOTSCHES
Der böhmische Baron und Graf
Der böhmische Graf und das Goldene Vlies
Die Herren auf Sadowa
Der erste Bischof von Budweis
Die Herren auf Belohrad
Im Italienfeldzug
Der Bischof von Brünn
Der Feldmarschall
Auf dem mährischen Rittergut Biskupitz
Franz de Paula
Die letzte Generation

IX. DER STAMM ULRICH UND DESSEN NACHKOMMEN
Die Herren auf Boberstein und Jannowitz
Hans II. auf Greiffenstein und Kynast
Die Söhne von Hans II

X. VERWANDTSCHAFT UM SIEBEN ECKEN ODER DOCH NICHT?
In den Niederlanden
Die Herren auf Hertwigswaldau und Wildschütz
Schaff-Gotsche, Gotsche, Junosza...

XI. GEGENWART
Der Graf von Warmbrunn
Im Hirschberger Tal
Hans Ulrichs Familie
Das Schicksal von Aschenputtels Märchenschlössern
Das Ende der böhmischen und Wildschützer Schaffgotsches
Das 21. Jahrhundert

RESÜMÉE

AHNENTAFEL

LITERATURANGABE

polish editions
polnischen Ausgaben
polskie wydania